Leseproben und Vorschau

 

 

„Lederbuch“:    Leseprobe aus dem Buch „Zwickau im 19. Jahrhundert – auf dem Weg zur Industriestadt“

 

Die Königin-Marienhütte und der Brückenbau

Am 5. August 1839 gründeten der Planitzer Kammerherr Georg Heinrich Wolf von Arnim der Zwickauer Stadtrat Wilhelm Hering und dessen Bruder, der Mühlenbesitzer und Ingenieur David Hering, in Zwickau eine Aktiengesellschaft unter der Bezeichnung Sächsische Eisen-Compagnie. Diese Gesellschaft legte am 21. April 1840 in Niedercainsdorf, das damals zum Gebiet des Rittergutes Planitz gehörte, den Grundstein für die erste industriemäßig betriebene Eisenhütte Sachsens. Am 22. Juni 1842 wurde dem Eisenwerk „mit allerhöchster Genehmigung“ der Ehrenname Königin-Marienhütte verliehen. Königin Maria Anna Leopoldine (1805–1877) war die Gemahlin des sächsischen Königs Friedrich August II.

Im Jahre 1843 erregte die Königin-Marien-Hütte Aufsehen, als sie den ersten auf deutschem Boden installierten Dampfhammer in Betrieb nahm. Selbst in England gab es noch keine derartige Maschine. Im Januar 1844 pachteten die drei Brüder von Arnim, nämlich Georg Heinrich Wolf (in Planitz), Hans Carl (in Kriebstein) und Friedrich Henning (in Crossen an der Elster), die Königin-Marienhütte und nahmen sie in ihre Regie, da sich eine Reihe technischer und finanzieller Probleme angehäuft hatten. Am 1. Juli 1851 erwarben schließlich die Gebrüder Heinrich und Henning von Arnim mit 858 von 970 Anteilen das Cainsdorfer Eisenwerk. Unter ihrer Leitung sollte es eine blühende Entwicklung nehmen.

Die Königin-Marienhütte wurde am 31. Dezember 1872 für 3.600.000 Taler an die Deutsche Reichs- und Continental-Eisenbahnbau-Gesellschaft verkauft. Die Gesellschaft versprach sich von dem Cainsdorfer Eisenwerk als Lieferant von Schien, Weichen, Brücken usw. für die eigenen Eisenbahnbauprojekte einen großen Gewinn. Die Königin-Marienhütte wurde deshalb eine Zweigniederlassung der Deutschen Reichs- und Continental-Eisenbahnbau-Gesellschaft. Per 1. Januar 1878 gründete sich in Cainsdorf die Königin-Marienhütte Aktiengesellschaft. Sie war im Wesentlichen identisch mit der Firma Deutsche Reichs- und Continental-Eisenbahnbau-Gesellschaft in Berlin. Lange Zeit war die Königin Marienhütte mit bis zu 2.683 Beschäftigten (1900), mit zwei Hochöfen, einem Siemens-Martin-Stahlwerk mit drei Öfen, einem Walzwerk mit je drei Grob- und Feinstraßen, vier Kupolöfen, einer Gießerei und einer Brückenbauanstalt sowie einer Jahresproduktion im Wert von 12.212.743,00 M (1900) das größte Eisenwerk Sachsens! Der Bau von Dampfmaschinen und -kesseln, Eisenbahnschienen und Stahlbrücken, Eisenkonstruktionen und Gussteilen bestimmten das Produktionsprofil.

Im Jahre 1853 begann die Königin-Marienhütte, stählerne Brücken zu bauen. In den nächsten dreißig Jahren entstanden etwa 1000 Brücken (durchschnittlich 33 pro Jahr), vor allem beim Bau neuer Eisenbahnstrecken. Am 15. Juli 1893 wurde die neue Loschwitzer Elbbrücke (später wegen ihrer Farbe als „Blaues Wunder“ bezeichnet) zwischen den Vororten Loschwitz und Blasewitz feierlich eingeweiht. Diese Verbindung zwischen den rechtselbischen Dörfern (Pillnitz bis Loschwitz) und der Residenzstadt Dresden war dringend notwendig geworden, da die bestehende Straße und die seit 1862 zwischen den beiden Elbdörfern Loschwitz und Blasewitz existierende Dampffähre den Verkehr nicht mehr bewältigen konnten.

Am 28. April 1891 erfolgte der erste Spatenstich für den Bau der Brücke. Ausgeführt wurde der Entwurf des Geheimen Finanzrates Claus Köpcke durch die Bauinspektoren Hans Manfred Krüger und Benno Hübel und die Königin-Marienhütte Cainsdorf. Mit einer Spannweite von 280 m, einer 7 m breiten Fahrbahn sowie je 2 m breiten Gehbahnen überspannt die eiserne Auslegerbrücke (ein auf den Kopf gestellter Dreigelenkbogen) die Elbe. Die Spannweite zwischen den Pylonen (Tragetürme über den Pfeilern) beträgt 146,68 m. Die Stahlkonstruktion hatte ein Gewicht von 3300 t. Bei der Belastungsprobe am 11. Juli 1893 ergab sich in der Mitte der Brücke eine Durchbiegung von nur 9 mm. Die Baukosten der Brücke beliefen sich auf 2,25Mio. Mark. Diese Brücke galt als technische Meisterleistung. Im Jahre 1935 wurde die Brücke umgebaut, um mehr Platz für die Fahrbahn zu gewinnen, indem beiderseits die Gehwege auf die Außenseiten der Brücke verlagert wurden. Bis 1985 führten die Straßenbahnlinien 4 nach Pillnitz und 15 nach Loschwitz über die Brücke. Seitdem ist wegen verminderter Tragfähigkeit der Straßenbahnverkehr eingestellt und für den Kraftfahrzeugverkehr besteht eine Begrenzung auf 15 t.

Am 30. August 1916 beschloss die Hauptversammlung der Sächsischen Gußstahl-Werke Döhlen AG (Sitz in Dresden) die Übernahme der Königin-Marienhütte Cainsdorf. Die Wirtschaftskrise 1929/30 führte vorübergehend zur Stilllegung des Betriebes. Im Jahre 1939 übernahmen die zum Flick-Konzern gehörenden Mitteldeutschen Stahlwerke die Aktienmehrheit. Ab 1950 etablierte sich auf dem Firmengelände der Betrieb 536 der SAG Wismut.

Zwickau im 19. Jahrhundert – auf dem Weg zur Industriestadt

Von diesem Buch, das in Leder gebunden und mit einer Goldinschrift versehen wurde, hat eine limitierte Auflage von nur 400 Exemplaren. Es besitzt 176 Seiten aus qualitativ hochwertigem Papier im A4-Querformat. 78 Stiche und Gemälde wurden aufwändig reproduziert und nachbearbeitet. Im Vor- und Nachsatz wurden zwei Stadtplanauszüge aus den Jahren 1847 und 1888 wiedergegeben.

Als Einleitung wird die Entwicklung der Stadt Zwickau von einer unbedeutenden Kleinstadt Anfang des 19. Jahrhunderts bis zur bedeutenden Industriestadt im Jahre 1900 beschrieben. Anschließend werden jeweils auf der rechten Seite Reproduktionen historischer Stiche und Gemälde gezeigt, die auf der linken Seite ausführlich erläutert werden. Die geringe Stückzahl und die aufwändige Gestaltung des Buches führten zu einem höheren Preis, der beim Autor zu erfragen ist.